Derzeit ist kein anderer Nährstoff besonders bei veganer Ernährung so umstritten wie Vitamin B12 - es gilt lt. jetzigem Wissenstand als der einzige Nährstoff, der tatsächlich durch rein pflanzliche Kost nicht in ausreichender Menge zugeführt werden kann und der daher supplementiert werden sollte. Nahrungsergänzungsmittel dieses Vitamins sind ganz leicht in der Apotheke oder im Online-Handel erhältlich.
Vitamin B12 ist wichtig für den Aufbau der roten Blutkörperchen und für die Funktion des Nervensystems. Ein Vitamin B12-Mangel kann aber nicht nur bei Veganer/innen sondern auch bei Menschen auftreten, die tierische Produkte essen. Der Körper hat in der Regel einen jahrelangen Vorrat angesammelt.
Der häufig als „Ernährungspapst“ bezeichnete Gießener Ernährungswissenschaftler Prof. em. Dr. rer. nat. Claus Leitzmann (Autor des Klassikers "Vegetarische Ernährung") äußerte sich in einem Interview zu Vitamin B12 folgendermaßen:
Vitamin B12 wird nur von Mikroorganismen, wie Bakterien, hergestellt. Dies erfolgt auch im Körper von Tieren und somit gelangt B12 in Nahrungsmittel wie Fleisch, Eier und Milch. Pflanzliche Lebensmittel können geringe Mengen an Vitamin B12 enthalten, wenn sie mit Bodenbakterien in Kontakt kommen, z. B. Wurzelgemüse, oder wenn sie fermentiert werden wie beispielsweise Sauerkraut. Der weitaus größte Teil und oft das gesamte Vitamin B12 aus diesen Quellen kann allerdings für den Menschen ungeeignet sein, weil es viele Formen des Vitamins gibt, die für Bakterien und manch andere Lebewesen wirksam sind, nicht aber für den Menschen. Vitamin B12 wird zwar auch im Dickdarm des Menschen von Bakterien gebildet, da aber die Resorption im Dünndarm stattfindet, kann der menschliche Körper es nicht nutzen.
Veganer haben oft einen sehr kleinen Vitamin B12-Vorrat oder sind auch unterversorgt. Ein gezielter Verzehr von fermentierten Produkten aus Soja, Hefe und bestimmten Algen kann einen begrenzten aber ungewissen Beitrag zur Vitamin B12-Versorgung leisten. Veganer, die sich einseitig ernähren oder einen festgestellten Vitamin B12-Mangel aufweisen, sollten zumindest vorübergehend ein Nahrungsergänzungsmittel nehmen.
Die Vegane Gesellschaft Österreich (VGÖ) hat zu diesem Zwecke eine "Vitamin B 12 Praxisanleitung" erstellt (http://archiv.vegan.at/b12praxis/) und einen "Sondernewsletter Vitamin B12" diesem Thema gewidmet (http://archiv.vegan.at/vgoe/aussendungen/sondernewsletter20060503.html).
PETA Deutschland e.V. hat unter http://www.peta.de/vitaminb12 einen Artikel mit dem Titel "Vitamin B12: Fakten für Veganer" erstellt.
Weiters hat der Verein gegen Tierfabriken (VGT) in der folgenden Zusammenfassung die Hintergründe zum komplexen Thema der Vitamin B12-Versorgung beleuchtet (siehe VGT_VeganeErnaehrung_Nährstoffversorgung im Vergleich.pdf):
Vitamin B12 (Cobalamin)
Bei dem Vitamin B12 handelt es sich eigentlich um den einzigen kritischen
Nährstoff in der veganen Ernährung. Es wird von Mikroorganismen (Bakterien,
Pilzen und Algen) synthetisiert, die im Boden bzw. im tierlichen Darmtrakt leben. Mit Vitamin B12 werden eine ganze Reihe verschiedener chemischer Formen bezeichnet, wobei aber nur zwei dieser Derivate als aktive Formen im Körper Verwendung finden. Die anderen Derivate, so genannte B12 Analoge, werden zwar wie die aktiven Cobalamine aufgenommen, erfüllen dabei aber nicht deren physiologischen Aufgaben, sondern blockieren diese sogar. Die Aufnahme von B12 Derivaten ist demnach nicht nur nicht nützlich, sondern sogar schädlich für den B12 Haushalt. Höhere Pflanzen und Tiere sind nicht in der Lage dazu Vitamin B12 zu synthetisieren. Bei diesen wird Vitamin B12 in erster Linie über die Nahrung aufgenommen. Das geschieht durch ungewaschene Früchte und ungewaschenes Gemüse, Blätter, trübes Wasser, auf bzw. in denen sich B12 bildende Mikroorganismen befinden, oder wie es bei fleischessenden Arten üblich ist, durch den Verzehr eines Beutetiers, das Cobalamin in seinem Körper speichert. Aber wie gesagt, es handelt sich bei diesem Nährstoff um ein Produkt von Mikroorganismen, welches problemlos auch auf einem Agarboden gezüchtet werden kann.
VeganerInnen sollten also schlicht und einfach B12 in Form von supplementierten Nahrungsmitteln (wie Cornflakes, Pflanzenfleischprodukte, etc.) oder als Pulver aus der Apotheke zu sich nehmen. Fermentierte pflanzliche Lebensmittel wie z.B. Sauerkraut oder Lopino, das auf eine bestimmte Weise hergestellt wird, weisen zwar Vitamin B12 auf, gelten aber als unsichere Quellen. Ist mensch sich nun aber über die Bedeutung dieses Vitamins bewusst, ist es kein Problem dementsprechend Nahrungsmittelzusätze zu verwenden. Mangelerscheinungen können so problemlos vorgebeugt werden.
Vitamin B12 Aufnahme beim Menschen
Der menschliche Dickdarm enthält eine große Anzahl an Cobalamin produzierenden Bakterien, wobei diese Quelle kaum genutzt werden kann. Nur etwa ein Prozent davon gelangt frei durch die Darmwand in den Körper. Die Rezeptoren für B12 sitzen nämlich im Ileum, dem letzten Dünndarm Abschnitt, der noch vor dem Dickdarm liegt. Menschen sind demnach auf die Vitamin B12 Zufuhr durch Nahrung angewiesen. Im Gegensatz kann dieses B Vitamin im Gegensatz zu den übrigen B Vitaminen in sehr großen Mengen, relativ betrachtet zum Bedarf, gespeichert werden. Ungefähr 80% befinden sich in der Leber, ca. 30% in den Muskeln. Ausgeschieden wird B12 in erster Linie über die Galle und sehr effizient rückresorbiert, was auch erklärt, warum Menschen, die kein B12 aufnehmen (z. B. VeganerInnen, die nicht supplementieren) bei vorher normal gefülltem Speicher erst nach Jahren einen Mangel entwickeln.
Laut Untersuchungen dürfte eine zugeführte Menge von 0,5 – 1,0 µg pro Tag
ausreichen, um den Bedarf zu decken. Generell ist der menschliche Körper auf
Engpässe in der Cobalamin Versorgung eingestellt, daher ist es auch nicht
notwendig täglich B12 zu sich zu nehmen. Insgesamt gesehen ist es sicher
günstiger, häufiger ganz kleine Mengen des Vitamins aufzunehmen, anstatt seltener größere Mengen, da nur eine begrenzte Anzahl von Rezeptoren im Ileum vorhanden sind (max. für 1,5µg B12).
Vegane Ernährung ist an und für sich eine cobalaminarme Ernährungsform, und gilt daher als Risikofaktor für einen B12 Mangel. Trotzdem ließ sich in Untersuchungen kein Unterschied in der Häufigkeit von B12 Mangelerscheinungen zwischen VeganerInnen und der übrigen Bevölkerung feststellen. Ausschlaggebend ist wahrscheinlich die gezielte Einnahme von mit B12 versetzen Nahrungsmitteln oder von Vitaminpräparaten. Zur Deckung des Cobalaminbedarf trägt außerdem eine nicht übertrieben hygienische Lebensführung bei, v.a. was die Aufnahme von Gemüse und Obst betrifft. Biologisch (!!!) kultiviertes Obst und Gemüse, gar nicht bis maximal ganz kurz abgespült, zu verzehren ist gerade VeganerInnen durchaus zu empfehlen, da auf diese weise B12 aufgenommen wird.
Cobalaminmangel
Die Hauptursache für einen Vitamin B12 Mangel ist im Großteil der Fälle, ein
Resorptionsproblem, weshalb diese also bei FleischesserInnen genauso auftritt. Der limitierende Faktor ist dabei häufig jener, der mit B12 einen Komplex bilden muss (= der intrinsic factor), damit der Rezeptor das Vitamin erkennt. Worauf VeganerInnen besonders achten sollten ist, dass das Anfangsstadium einer Mangelerkrankung (noch leicht reversibel) aufgrund eines hohen Folsäurewertes, der bei sich rein pflanzlich ernährenden Personen häufig auftritt, oft überdeckt wird. Daher kann es sein, dass der Mangel an B12 erst in einem Stadium erkannt wird, wenn die Schäden (am Nervensystem) bereits nahezu irreversibel sind. Bei einer Überprüfung des Serumstatus sollten daher immer beide Werte parallel erhoben werden.
(Sichere) Vitamin B12 Quellen für VeganerInnen: angereicherte Säfte,
Frühstückscerealien, Hefepasten, Fruchtsäfte, Pflanzenfleischprodukte, Müslis…
Vitamin B12 Präparate aus der Apotheke.
Bsp.: Gorillas, unserer Spezies eng verwandte VeganerInnen, gelingt es ohne
weiters sich rein pflanzlich zu ernähren und ausreichend mit Cobalamin versorgt zu sein!
Vitamin B12 und Homocystein
Bei Homocystein handelt es sich um eine Aminosäure, die vor allem dann, wenn sie in zu hohem Maße vorhanden ist, also bei einem zu hohen Homocystein Wert, zu schweren Nebenwirkungen führen kann, wie Herz- Kreislaufschäden, Demenz, Schädigung der Erbsubstanz… Ein erhöhter Homocystein Wert kann somit bis zum Tod führen.
Faktoren die diesen Wert in die Höhe treiben sind folgende:
Kaffee, Rauchen, Alkohol, sowie ein Mangel an Vit B12, Folsäure und Vit B6.
Aber auch für FleischesserInnen kann Homocystein zum Problem werden, da eine fleischorientierte Ernährung häufig zu einem Mangel an Folsäure führt.